„Lebenslinien 6″ am Theater in Rüsselsheim; Portraitkompositionen von 5 lebenden und anwesenden Personen der Zeitgeschichte, u.a. von Klaus Franz (ehem. Gesamtbetriebsrat von OPEL) und Gerold Reichenbach, SPD-MdB Groß-Gerau;
03. November 2012 | rea
Vier Charaktere und fünf Kompositionen für Sextett
Toni Völker ArchivFoto: Claus Völker
Dienstag, 20. November 2012 16:15 Uhr
MAIN-SPITZE
Lokale Kultur
Der Lauf des Lebens in Noten
Link: http://www.main-spitze.de/region/kultur/lokale-kultur/12560799.htm
03.11.2012 – RÜSSELSHEIM
Von Sina Schreiner
LEBENSLINIEN Kulturpreisträgerin Inge Besgen porträtiert vier Rüsselsheimer, Komponist Toni Völker setzt Charaktere in Töne um
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Seit 2007 lässt die Künstlerin Menschen musikalisch interpretieren. In einem rund einstündigen Interview befragt Besgen ihren Gesprächspartner in deren persönlichem Umfeld. „Mir ist wichtig, wie der Mensch als Kind gewesen ist und wie es danach weiterlief“, erklärt sie. Niemand solle sich bloßgestellt fühlen, dennoch sieht sie es als ihre Aufgabe, aus den Leuten etwas herauszuholen. Die Tonbänder der Interviews gibt sie anschließend an den Wiesbadener Psychoanalytiker Dr. Rainer Paul weiter, der daraus eine Charakterstudie entwickelt. Diese Analyse wiederum erhält dann ein Komponist, der daraus eine ganz individuelle Komposition kreiert. In diesem Jahr konnte Besgen den Darmstadter Komponisten und Hochschullehrer an der Akademie für Tonkunst, Toni Völker, für ihr Anliegen gewinnen. „Die Qualität ist mir einfach wichtig“, sagt sie und freut sich über die Zusage Völkers.
(…) Seit rund einem halben Jahr befasst sich der Komponist mit den vier ausgewählten Charakteren. Es handelt sich dabei, wie in jeder Auflage von „Lebenslinien“, um zwei Frauen und zwei Männer: ein Politiker, ein Prominenter, eine Geschäftsperson und ein Bürger. (…) „Völkers Aufgabe ist es, den Charakter musikalisch darzustellen. „Er schreibt dieser Person ein Stück auf den Leib und widmet es ihr. Das ist einmalig.“
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Vier Kompositionen neuer Musik erwarten die Besucher im Großen Haus an diesem Abend, gespielt von sechs Dozenten der Akademie für Tonkunst, durch den Abend führt Horst Aussenhof. Jede der Kompositionen trägt einen Titel, der sich aus dem Interview mit Besgen herauskristallisiert hat. „Gut gebrüllt, Löwe“ war der Name einer Komposition aus dem vergangenen Jahr. Besgen stellt jetzt erneut unter Beweis, dass es möglich ist, Charaktere zu vertonen. „Und so jemand wie Völker würde seinen Namen nicht dafür hergeben, wenn es nicht ginge.“
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Ausführende Musiker sind Johannes Fischer (Helderflöte, Blockflöte), Lutz Mandler (Trompete, Alphorn), Babette Andruk (Violine), Peter Wolf (Violoncello), Sabine Simon (Klavier) und Jens Knoop (Percussion).
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Inge Besgen stellt ihre sechsten „Lebenslinien“ auf der Studiobühne vor
19.11.2012 – RÜSSELSHEIM
Von Klaus Mümpfer
Im September 2008 war Toni Völker an seinem 60. Geburtstag Gegenstand eines Porträtkonzertes am Internationalen Musikinstituts in Darmstadt. Für die Rüsselsheimer „Lebenslinien 6″ schrieb der Komponist für Neue Musik nun selbst fünf Porträtkonzerte über Rüsselsheimer Bürger für das Projekt der Künstlerin Inge Besgen. Dirigiert wurde ein Dozenten-Sextett des Instituts von Kushtrim Gashi.
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Neue Musik mit ihrer Vielfalt an Klängen und Geräuschen sowie dem unterschiedlichsten Instrumentarium ist für dieses Projekt der Künstlerin Besgen ideal. Fischer verbindet bei Zirkularatmung auf einem Selbstbauinstrument Bassflöte mit Didgeridoo zur exotischen Klangfarbe, Birner bläst auf einer Muschel und Knoop wechselt zwischen Pauke und Schellenbaum. Die akribische Notation der Kompositionen belegt, wie leidenschaftlich Komponist Völker in das Seelenleben eingetaucht ist. Ob die Assoziationen, die die Musik auslöst, die Charaktere der Porträtierten treffen, muss dennoch jeder Zuhörer selbst entscheiden.
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Vier Personen sind es traditionell, die Besgen aus Politik, Geschäftswelt, Gesellschaft und Bürgerschaft auswählt. Es sind vier Menschen, die sich gegenüber dem Wiesbadener Psychoanalytiker Dr. Rainer Paul „outen“, ihre Lebensläufe und -entwürfe offenbaren. Aus diesen Konversationsanalysen entwirft Paul schriftliche Porträts, die der jeweilige Komponist in musikalische „Lebenslinien“ umsetzt: Richard Heller, Gerold Reichenbach, Edvina Hummel und Bärbel Maul. Dieses Mal ist eine fünfte Komposition dem streitbaren Opel-Arbeitnehmervertreter Klaus Franz gewidmet, der dem Moderator Horst Aussenhof abschließend schlagfertig Rede und Antwort steht.