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2013

Zu den TAGEN FÜR NEUE MUSIK DARMSTADT
In den 29 Jahren seiner Leitung gelang es Toni Völker durch die vollständige Neukonzep-tion der DARMSTÄDTER TAGE FÜR NEUE MUSIK, neben der Darstellung der kompositorischen und interpretatorischen Vielfalt zeitgenössischer Musik im Darmstädter und Frankfurter Raum auch die Vermittlung von Kunst-Konzeptionen der unterschiedlichsten Art in internationalen BezÜgen aufzuweisen:
Komponistenportaits und Gesprächskonzerte, Workshops, Dokumentationen und Ausstellungen, experimentelles Musiktheater, neue multimediale Musikformen in Verbindung von Klangobjekten und Film/Video sowie Klanginstallationen unter Einsatz von Live-Elektronik und Videotechnik waren neben den Konzerten mit herkömmlichem Instrumentarium Gegenstand des 3 – 4 wöchigen Festivals.
Komponistenporträts wurden in Anwesenheit der Komponisten gestaltet mit Isang Yun, Hans-Ulrich Engelmann, Walter Zimmermann, Gerhard Braun, Hans-Joachim Hespos, Franz Hummel, Mathias Spahlinger u.v.a.
Interpreten wie Ulf Hoelscher, Roberto Szidon, Erika Haase und viele andere konzertierten ebenso wie die renommierten Ensembles L’ART POUR L’ART, ‚Abegg-Trio‘ und ‚United-Berlin‘, um – stellvertretend für die Vielzahl der Mitwirkenden – nur einige zu nennen.
Verbindung zu Künstlern aus anderen Nationen wurden unter anderem geschaffen durch Konzerte mit Künstlern aus Brasilien, Polen und Leningrad, einen Abend mit ‚lecture and concert‘ des John Cage Freundes Darryl Rosenberg aus Boston, durch Konzertbeiträge einer Reihe von nord- und südamerikanischen Komponisten wie Keith Carpenter oder Miguel Bellusci sowie einer Ausstellung und Dokumentation mit Konzerten des mexikanischen ‚Player-Piano‘ Komponisten Conlon Nancarrow, abendfüllenden Performances des koreanischen Komponisten Ahn Ilung u.v.m.Seit 24 Jahren (1990-2013) finden während der TAGE FÜR NEUE MUSIK auch Ausstellungen originärsprachlicher und absolut diskussionswürdiger bildender Künstler statt, wobei neben den Werken von Malern auch synästhetische Liveaktionen, Super-8-Installationen, Photographien sowie Eisen- und Schrottplastiken ihren Raum fanden.

Vom 8. Februar bis zum 2. März 2013 fanden die nach 29 Jahren letztmals von ihm geleiteten DARMSTÄDTER TAGE FÜR NEUE MUSIK statt. Am Freitag, dem 1., und Samstag, dem 2. März veranstalteten einige seiner ehemaligen Studenten und befreundete Künstler aus Darmstadt 2 Abschiedskonzerte für Toni Völker.

Konzert XI

Freitag, 1. März 2013, 19.30 Uhr
Saal der Akademie
„Gegensätze“ – ehemalige Studierende der Kompositionsklasse Toni Völker

Alois Bröder: „3 neue Spiele“ für Altsaxophon, Violoncello und Klavier Ensemble Trias: Susanne Resch, Altsaxophon – Gunilda Wörner, Violoncello- Gabriele Stenger-Stein, Klavier

Peter Kuch: „… noch!“ für Klavier – Peter Kuch, Klavier –

Julia As: „Neues Werk“

Michael Harenberg und Frank Fiedler: „DEUX“ – Michael Harenberg, Elektronik – Frank Fiedler, Perkussion

………

Ulrike Zürn: „Sweet Suite“ für Blockflöte – Johannes Fischer, Blockflöte

Nikolaus Heyduck: „Echo der Geheimnisse“ für Sopran, Gong und elektroakustische Zuspielung – Eva Lebherz-Valentin, Sopran – Eva Korn, Gongs –

Andrei Roumiantsev: „Gegensätze“ für Violine und Fagott – Ida Linnea Stölting, Violine – Hans-Jürgen Höfele, Fagott –

Stefan Streich: „CLOUDS“ Version 2 für Ensemble und Elektronik – Ensemble der Akademie für Tonkunst – Stefan Streich, Elektronik –

Konzert XII

Samstag, 3. März 2013, 19.30 Uhr
Saal der Akademie
„Les Adieux – Hommage á Toni Völker“

Michael Harenberg: „Struktur X. Für Toni“

Toni Völker: aus dem Zyklus „Regenbogen“, Norbert Grossmann, Klavier

Frank Fiedler, Charles Neuweger: „Eurydice“, Nushin Shayegan, Schattentanz – Nikolaus Heyduck, Licht

Hannes Pohle: „0,5 U/min“, bewegte Malerei für Improvisationsensemble
Interpreten: Norbert Grossmann, Nikolaus Heyduck, Eva Korn, Nushin Shayegan, Frank Fiedler, Michael Harenberg, Hannes Pohle, Charles Neuweger

Rezension des „Darmstädter Echo“ vom 04. März 2013 | Von Klaus Trapp

Ein Ensemble sieht rot

Festival – Kunst und neue Musik mischen sich beim Finale der „Tage für Neue Musik“ DARMSTADT.

Bevor der erste Ton in der Darmstädter Akademie für Tonkunst erklang, würdigten Michael Harenberg und Frank Fiedler, ehemalige Schüler Toni Völkers, ihren Lehrer als großen Anreger, der ihnen beispielsweise vorführte, wie man aus zwei Tönen einen ganzen musikalischen Kosmos aufbauen kann. Völker habe seinen Schülern die Freiheit gelassen, sich nach ihren Vorstellungen zu entwickeln, und doch habe er sie bestimmend auf ihrem Weg begleitet.
Der in Darmstadt lebende Pianist und Improvisator Norbert Grossmann zeigte mit drei Klavierstücken aus Toni Völkers Zyklus „Regenbogen“ auf, wie gezielt dieser Komponist arbeitet: für junge Pianisten „von 4 – 21 Jahren“ sind die Stücke gedacht, und Titel wie „Im Kerzenschein“, „Take Seven“ oder „Elegie“ geben zugleich Fingerzeige für die Interpretation.
Michael Harenberg, der heute als Professor in Bern wirkt, hat mit „Struktur X. Für Toni“ eine verzweigte elektronische Komposition geschaffen, deren Reiz darin liegt, dass scheinbar vertraute Instrumentalklänge sich in verfremdete verwandeln und umgekehrt. Die Steuerung geschieht durch ausgewählte Werke von Völker, ohne dass diese im Einzelnen zu erkennen wären.
Die Idee einer Vernetzung der Künste, die für die Konzeption der „Tage für Neue Musik“ durch viele Jahre hindurch charakteristisch war, prägte den weiteren Verlauf des Abschiedskonzerts. Frank Fiedler und Charles Neuweger spielen mit „Eurydice“ auf jenen Moment der Orpheus-Sage an, da der thrakische Sänger seine Gemahlin endgültig verliert, wenn er sich nach ihr umdreht. Aus der Sicht der ins Totenreich verbannten Eurydice entwickelt sich ein Schattentanz, den die Performancekünstlerin Nushin Shayegan hinter einer changierend angeleuchteten Leinwand grazil und bewegend gestaltet, während Fiedler und Neuweger mit Schlaginstrumenten und elektronischem Equipment eine spannende Klangspur ziehen.
Der Maler Hannes Pohle, dessen abstrakte, farbenfrohe Bilder den Flur der Akademie für Tonkunst während der Musiktage zierten, hat eigens zum Adieu-Konzert eine bewegte Malerei für Improvisationsensemble geschaffen. Bei der Performance „0,5 U/min“ läuft ein zehn Meter langes Bild durch einen Gemälde-Rotationsapparat, während Norbert Grossmann, Eva Korn, Hushin Shayegan, Charles Neuweger, Nikolaus Heyduck und Hannes Pohle dazu improvisieren. Auch hier mischen sich herkömmliche Klänge (Klavier, Gongs, Schellentrommel) mit elektronisch erzeugten Sounds, so dass vielfältige Wechselbeziehungen zwischen den in einer Kreisform sich bewegenden Farbobjekten und der ad hoc erfundenen Musik entstehen.

Auf dem Höhepunkt, wenn sich im Bild aggressives Rot breit macht, greift der Maler selbst kräftig in die Tasten, um mit seinen Partnern ein akustisches Inferno zu entfachen. Am Ende, wenn das Farbband zurückgelaufen ist, vergehen die Klänge allmählich im Nichts. Es gab viel Beifall im gut besetzten Großen Saal, Blumen für den scheidenden Lehrer und einfache Dankesworte Toni Völkers.

 

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